Projektideen, die in der Ideation- und Entdeckungsphase vom Innovation Booster unterstützt werden
Kurzname | Ausgangslage | Innovationsidee | Innovationsteam |
Ambulante mobile Sozialberatung | Wie kann ein möglichst niederschwelliges und alltagnahes Unterstützungsangebot für ältere Menschen, chronisch kranke Personen und Angehörige mit dem Ziel der Lebensqualitätssteigerung und Stärkung der Selbstbestimmung zusammen mit den Betroffenen und den verschiedenen involvierten Akteur:innen im Sozial- und Gesundheitswesen aufgebaut und nachhaltig umgesetzt werden? Obwohl im Gesundheitsversorgungssystem seit Jahren eine interdisziplinäre Zusammenarbeit gefordert wird, ist sie in der Praxis noch zu wenig anzutreffen. Für die Betroffenen fehlt ausserdem ein flächendeckendes Angebot der Sozialen Arbeit, welches gleichzeitig sektorenübergreifend koordiniert handelt und lebensweltorientierte Begleitung und Beratung anbietet. | Zur Lösung des Problems soll ein unabhängiges Angebot im ambulanten Bereich von der Sozialen Arbeit angedacht und aufgebaut werden, welches für die Betroffenen niederschwellig zugänglich ist. Als möglicher Lösungsansatz wird ein mobiles Angebot in Betracht gezogen, welches mit Hausarztpraxen, Spitex-Organisationen sowie Alters- und Pflegeheime und Spitälern eng zusammenarbeitet. Damit sollen die Nutzer:innen in ihrer Lebensrealität/Lebenswelt unterstützt werden. Das Angebot soll einfach erreichbar sein und sektorenübergreifend agieren, auch Hausbesuche sollen niederschwellig möglich sein. Dadurch können ländliche Gebiete besser abgedeckt werden. Aber auch für schwer kranke und weniger mobile Personen ist ein Hausbesuch adäquater. Ebenfalls kann ein Besuch direkt vor Ort in der Hausarztpraxis oder im Alters- und Pflegeheim sowie im Spital gewährleistet werden. |
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Cancer survivor | Trotz zunehmender Inzidenz sterben dank Forschung, Früherkennung und besseren Therapien immer weniger Menschen an Krebs. Dies hat zur Folge, dass die Zahl der Cancer Survivors zunimmt. Bis ins Jahr 2030 werden in der Schweiz gemäss Hochrechnungen über 500'000 Menschen mit oder nach Krebs leben. Cancer Survivors sind im Anschluss an die medizinische Behandlung jedoch oft auf sich alleine gestellt, obwohl viele mit zahlreichen sozialen, psychischen und physischen Nachwirkungen und Spätfolgen zu kämpfen haben. Die physischen und psychischen Spätfolgen einer Krebserkrankung haben, neben einer verminderten Lebensqualität, auch sozioökonomische Auswirkungen auf unsere Gesellschaft: So ist z.B. jede fünfte Person, die zum Zeitpunkt der Diagnose erwerbstätig war, nach fünf Jahre nicht mehr beschäftigt. | Unsere Innovation will für Cancer Survivors ein koordiniertes Nachsorgeangebot für die Zeit nach der medizinischen Erstbehandlung finden. Dabei soll am Beispiel von Bern sichergestellt werden, dass die Nachbetreuung durchlässig und institutionsunabhängig stattfinden kann und sich nach den Bedürfnissen der Betroffenen richtet. Langfristig soll der Nutzen aber auch für das Gesundheitssystem sicht- und spürbar sein, in dem eine integrierte Versorgungsleistung der Cancer Survivors Kosteneinsparungen für das Gesundheitssystem mit sich bringt.
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Espace de co-réflexion | Wenn es darum geht, die Leistungen der Sozialarbeit zu analysieren oder zu verbessern, neigen die Fachleute stark dazu, untereinander Gespräche zu führen, ausgehend von theoretischem und/oder professionellem Wissen, ohne den Standpunkt der direkt betroffenen Personen zu berücksichtigen. Tatsächlich hat Erfahrungswissen noch wenig Legitimation wird kaum mobilisiert, um Leistungen in der Sozialarbeit zu entwickeln, umzusetzen oder zu bewerten. Eine der wichtigsten Folgen dieser mangelnden Berücksichtigung des Standpunkts der Betroffenen ist, dass die Leistungen nicht ausreichend auf ihre Bedürfnisse eingehen und somit an Relevanz und Wirksamkeit verlieren. | Die wissenschaftliche Literatur weist eindeutig darauf hin, dass der Miteinbezug der Begünstigten, zu Leistungen führt, die ihren Bedürfnissen und Anliegen besser entsprechen sowie innovativer und nachhaltiger sind. Wir möchten daher Räume für Co-Reflexionen schaffen, die es ermöglichen, die Ansichten der Betroffenen in den Kontext der Armutsprävention und -bekämpfung einzubeziehen. In der wissenschaftlichen Literatur wird vielfach von positiven Auswirkungen gesprochen, die über die Verbesserung bestehender Praktiken hinausgehen, die beteiligten Personen aufwerten und die Inanspruchnahme von Leistungen und die Wahrung von Rechten erhöhen. |
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Impiego assistitio | Seit 2014 anerkennt die Schweiz das Recht auf Teilhabe am Arbeitsleben der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen. Damit sollten Menschen mit Behinderungen das Recht auf einen gleichberechtigten Zugang zu Beschäftigung haben sowie die Möglichkeit besitzen, eine frei gewählte oder angenommene Beschäftigung in einem Umfeld ausüben zu dürfen, das die Eingliederung und den Zugang von Menschen mit Behinderungen fördert. In der Schweiz stockt die Umsetzung dieses Rechts: 2018 hatten nur 63 Prozent der Menschen mit Behinderungen im erwerbsfähigen Alter einen Arbeitsplatz, bei starker Einschränkung gar nur 36 Prozent. | Der Ansatz der unterstützten Beschäftigung (supported employment) zeigt vielversprechende Resultate bei der beruflichen Eingliederung von Menschen mit Behinderungen im offenen Arbeitsmarkt. Im Kanton Tessin dominiert dagegen der traditionelle Ansatz first train, then place. Ziel dieser Projektidee ist es deshalb, aufbauend auf dem Ansatz des supported employment, Massnahmen anzustossen, welche die Wirksamkeit des kantonalen Eingliederungssystems stärken. Dabei ist auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderungen, eine Integration zwischen Sozial- und Bildungseinrichtungen, Sozialversicherungen und Unternehmen sowie auf behinderungsbedingte Schwierigkeiten wie auch kontextbedingte Barrieren – dazu gehören Vorurteile, Ängste oder negative Einstellungen – zu achten. Menschen mit Behinderungen im Unternehmenskontext können etwa dazu beitragen, eine Organisationskultur zu schaffen, die offener für Vielfalt, tolerant und am Gemeinwohl orientiert ist, mit erheblichen Auswirkungen auf das Funktionieren der Organisation. |
Die folgenden Institutionen und Dienste, die im Tessin für die berufliche Eingliederung von Menschen mit Behinderungen tätig sind, wurden bereits kontaktiert und werden ebenfalls einbezogen (Praxisakteure): Pro Infirmis Ticino und Moesano, Fondazione Diamante, Fondazione OTAF, Inclusione Andicap Ticino, Fondazione ARES, Associazione Avventuno |
Solidarity map | Menschen in sehr prekären Situationen, die in den Städten der Schweiz leben, befinden sich im toten Winkel der staatlichen Hilfs- und Unterstützungsleistungen. Aufgrund ihrer Situation sind sie teilweise oder vollständig von Netzwerken ausgeschlossen, die sie zu kurz- oder mittelfristigen Lösungen führen könnten. Dadurch ist ihr Alltag schwierig und die Grundbedürfnisse bleiben oft unerfüllt: Essen, Waschen, Lesen, Fortbewegung, Aufrechterhaltung von familiären und sozialen Bindungen sind echte Herausforderungen. | Um dem Problem des Informationsmangels von Menschen in sehr prekären Situationen zu begegnen und um solidarische Praktiken zu stärken, schlagen wir vor, eine digitale, onlinebasierte Solidarity Map zu erstellen. Die Informationen sollen leicht zugänglich, miteinander verknüpft und laufend aktualisiert werden. Dieses Tool ist nicht nur als Verzeichnis kostenloser Leistungen zur Deckung von Grundbedürfnissen gedacht, sondern auch als Instrument, um eine zirkuläre Vision von Solidarität, soziale Bindungen, Selbsthilfe und einen vielfältigen, nicht-kommerziellen Austausch zu fördern sowie die Handlungsfähigkeit vor allem der Betroffenen zu erhöhen. |
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Spazio ai giovani | Der Mangel an Raum für junge Erwachsene führt mancherorts zu lebhaften Diskussionen und flackert immer dann besonders auf, wenn Gewalttätigkeiten oder Ausschreitungen die Öffentlichkeit aufschrecken. Auch führen der Aufenthalt in Parks, leerstehenden Arealen oder offenen Terrassen mit Musik und Lärm zu Unmut bei der Bevölkerung, die beides ausserhalb der festgelegten Zeiten oft nicht duldet und deshalb die Polizei wegen Ruhestörung ruft, woraufhin die jungen Leute wieder abgewiesen werden. | Unsere Idee ist es, zusammen mit Jugendlichen und Fachleuten aus verschiedenen Bereichen (Architekten, Schreiner, Schriftsteller usw.) in Locarno in innovativer Weise einen modularen Raum zu schaffen, der bei Bedarf verschoben werden kann, und zwar an einem zentralen Ort der Stadt, der von den Jugendlichen und jungen Erwachsenen in der Region am meisten frequentiert wird. Ein Ort, der für sie und mit ihnen geschaffen wird, indem sich die Innenräume in Absprache mit den Jugendlichen, die sich dort entwickeln, über die Zeit hinweg wandeln und sich den neuen Gegebenheiten anpassen. |
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Zusammen1Plan | In der Kinder- und Jugendhilfe ist eine Hilfeplanung, die sich durch die grundlegende Partizipation ihrer Adressat:innen und den Einbezug multipler Akteure und Perspektiven auszeichnet, ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Dabei ist nicht nur an unterschiedliche Familienmitglieder zu denken, beispielsweise wenn eine sozialpädagogische Familienbegleitung eingerichtet wurde, sondern auch an professionelle Begleiter aus verschiedenen Einrichtungen, bspw. eine Lehrperson, oder wichtige Bezugspersonen aus dem sozialen Netz, bspw. eine Nachbarin. In der Schweizer Kinder- und Jugendhilfe sind solche systematischen Orientierungen und niederschwelligen Hilfsmittel zur Förderung und Sicherung von partizipativen Hilfeplanung kaum auffindbar. Andernorts jedoch schon. | In den Niederlanden und in Belgien wird in der Kinder- und Jugendhilfe derzeit für alle Nutzenden eine Online-Plattform (www.samen1plan.nl) gratis angeboten, die sich seit 2015 bewährt hat und seither bereits über 5'700 Hilfepläne hervorgebracht hat. Angesichts dieser vielversprechenden Entwicklung soll nun ihre Übertragbarkeit in die Schweiz überprüft und erprobt werden. Im Geiste des kostenfreien, gemeinschaftlichen, leicht zugänglichen, kooperativen und partizipativen Hilfeplanung könnte diese Plattform auch in der Schweiz bei der zielgerichteten, strukturierten und dialogbasierten Verbindung von Hilfeleistungen, sozialen Netzwerken und Betroffenen eine gesamtgesellschaftlich relevante Lücke ausfüllen. |
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